Geschichte von Matthias
Matthias war der zweite meiner drei Söhne, Markus (1977), Matthias (1979)und Michael (1988).
Er durchlebte eine normale Kindheit, ging 10 Jahre zur Schule, lernte den Beruf des Maurers.
Das Leben lief in normalen Bahnen.
Matthias wurde 2002 Vater seiner kleinen Tochter Clara und wir stolze Großeltern.
Leider trennten sich die Eltern 2004. Das Verhältnis Vater - Tochter war und blieb sehr innig.
Matthias war seit Frühjahr 2005 stolzer Inhaber einer Baufirma. Es war eine glückliche
Fügung des Schicksals, dass er ein gut etabliertes Bauunternehmen übernehmen konnte.
Es war sein Wunsch, der sich erfüllte, nach seinem Meisterstudium im Maurer- und
Betonbauerhandwerk, eine eigene Firma zu führen.
Er arbeitete viel, sein Arbeitstag war lang, er hatte Verantwortung für 4 Angestellte.
Alles lief gut an, er wurde geachtet und hatte Erfolg.
Das Leben lag vor ihm, er hatte Pläne, er wollte so viel bewegen.
Für seine kleine Tochter Clara, fand er jedoch auch noch regelmäßig die Zeit.
Sie war sein Sonnenschein und Antrieb zugleich. Sie war der Ausgleich für die harte Arbeit.
Matthias war Technofreak, liebte House-Musik, die Killers und den Sender Radio eins. Matthias war
absoluter Sportfan. Radsport, Hand- und Fußball interessierten ihn besonders. Er machte auch aus
seinen Eltern Tour de France- und Bundesliga-Begeisterte.
Er war bis zur Firmenübernahme aktiver Handballspieler und Eintracht Frankfurt-Fan.
Matthias liebte die Natur, den Sonnenauf- und untergang und das Farbspiel mit den Wolken, so schön,
wie es uns diese Webseite zeigt.
Die Krankheit
Anfang Februar 2006 - Matthias hatte Schmerzen im Brustkorb, starke Schmerzen, fast kolikartig.
Sein Hausarzt diagnostizierte Lungenentzündung.
Es war Winter, die Arbeiten auf dem Bau ruhten, so hatte er Zeit sich zu erholen.
Nach 4 Wochen war er noch nicht wieder ganz o.k. und die Lungenärztin wurde unruhig und schickte
ihn zu einer intensiveren Untersuchung ins Krankenhaus.
Dort erhielt er am 07.03.2006 die Diagnose:
Nichtkleinzelliges Bronchialkarzinom rechter Unterlappen-Stadium III/B.
Matthias und wir waren geschockt. Er war nie vorher krank und er war Nichtraucher. Wie konnte der
Lungenkrebs unerkannt so weit fortschreiten? Fragen über Fragen, auf die es keine Antworten gab.
Aber Aufgeben war trotzdem nicht angesagt. Die Ärzte machten ihm und uns Mut zu kämpfen.
Seine Jugend, seine Kraft könnten den Tumor bezwingen. Wir holten alle Informationen zu dieser
Krankheit, aus Büchern, aus dem Internet ein. Matthias schwor sich ein auf den Kampf gegen seinen
Erzfeind in seinem Körper. Er tat alles um sich mental und körperlich zu stärken.
Er las das Buch von Lance Amstrong "Tour des Lebens", in dem er seinen Kampf gegen den Krebs
beschreibt. Der hatte nur 3% Überlebenschance und hat die Krankheit bezwungen. Und so ist
Matthias auch rangegangen und wir alle.
Er entschied sich für die Behandlung für das 70 km enfernte Humaine-Klinikum Bad Saarow.
Ab 20. März traten seine beiden neuen Freundinnen, wie er sie nannte, in sein Leben.
Das waren die "Strahlenfee" und die Chemo.
Der Tumor war inoperabel.
Für ihn gab es nur diese zwei Waffen und sein starker Willen gesund zu werden.
Der Kampf war eröffnet.
Nach Tagen absoluten Unwohlseins, ging es wieder bergauf. Dann fuhr er ins Büro und auf die
Baustelle, er arbeitete wieder, mit Einschränkungen, aber es tat ihm gut. Er sah kräftig und
gesund aus, man merkte ihm nicht an, dass er so schwer krank war.
Es gingen ihm soviel Gedanken durch den Kopf. Er schrieb Tagebuch. Er wollte nicht aufgeben und immer
wieder schrieb er: "Ich will leben!!!!" Auch für seine kleine Tochter Clara musste er
wieder gesund werden, er musste, er wollte.
Der Tumor wurde kleiner - große Freude und Zuversicht und weiter
"ging es ihm an den Kragen". Die Bestrahlungseinheiten waren am 17.05. ausgeschöpft,
die Chemotherapie ging weiter. Es ging bergauf, bergab.
Ende Juni musste Matthias ins Krankenhaus. Er hatte Atembeschwerden und Wasser in der Lunge. In den
folgenden Tagen wurden viele Liter Wasser abgezogen. Matthias ging es nicht gut. Die Ärzte sagten uns,
dass der Krebs sich weiter ausgebreitet und bereits das Rippenfell befallen hatte und dass, wenn kein
Wunder geschieht, es keine Hoffnung mehr gibt. Es ist ihr Job, aber sie gaben uns auch zu verstehen,
wie sie mit uns litten und betroffen waren, einem so jungen Menschen nicht helfen zu können.
Matthias wusste vom Fortschreiten der Krankheit und hat trotzdem nur positiv gedacht. Er ließ keine
negativen Gedanken zu. Oder wollte er uns nur schonen? Die Ärzte, wir, seine Familie haben es nicht
fertig gebracht mit ihm über das nahende Ende seines Lebens zu sprechen. Er fragte auch nichts in
diese Richtung. Er wollte immer nur wissen, wann die Behandlung weiter geht, er die nächste
Chemotherapie bekommt. Wir haben uns alle nicht richtig von ihm verabschieden können. Er wollte ja
weiterleben, da war ein Abschiednehmen ausgeschlossen.
Matthias stand unter starken Schmerz- und Beruhigungsmitteln.
Noch drei Tage vor seinem Tod, am 1. August gab er Arbeitsanweisung an seine "Leute". Ich musste noch
Arbeitsunterlagen mitbringen und er hat uns ein letztes Mal gewunken am Fenster, als wir gingen.
Und immer wieder waren seine Blicke auf seinem Handy, ob jemand angerufen bzw. eine SMS geschrieben
hat, trotz aller Betäubung.
Wir waren jeden Tag froh, dass er noch lebte, obwohl wir wussten, was kommt.
Was der Mensch doch so aushalten kann.
Nach diesem Leidensweg mit großen Schmerzen, mit der schrecklichen Hitze, die zusätzlich belastend
war, mit dem Bewusstsein, dass es keine Hoffnung mehr gab und kein Wunder zu geschehen schien, starb
Matthias am 04. August, 3 Tage vor seinem 27. Geburtstag.
Er hatte seinen Kampf verloren. Für uns stand die Welt still.
Früh um 4.20 Uhr war sein letzter Atemzug. Das mitzuerleben ist Segen und Horror zugleich. Sein Kind
sterben zusehen und nicht helfen zu können, ist wohl das Schlimmste, was einem passieren kann.
Er war nicht allein, als er ging, das ist ein großer Trost.
Da geschehen Dinge in deinem Leben, die du nicht für möglich hältst,
die ja eigentlich immer nur anderen passieren und auf einmal bis du selbst betroffen.
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